Zuchtprinzipien

UNTERSCHIEDE DER WEST- UND OSTDEUTSCHEN SCHÄFERHUNDZUCHT

Nach dem 2. Weltkrieg und der Teilung Deutschlands hat sich die Zucht des Deutschen Schäferhundes im Westen und Osten sehr unterschiedlich entwickelt.  So zeigten sich in Westdeutschland deutliche Veränderungen an der Rasse. Der Deutsche Schäferhund war in erster Linie ein Tier, das einem Schönheitsideal entsprechen sollte (Hochzucht). Der Körperbau wurde massiger und die Züchtungen wiesen immer mehr ein sogenanntes Fließheck auf, das heißt der Rücken wurde immer stärker abschüssig gezüchtet. Neben der abfallenden Rückenlinie wurde zudem eine starke Winkelung der Hintergliedmaßen und die Ausbildung langer Röhrenknochen sowie eine rückwärts verlagerte Fußung angezüchtet.

Mit diesen Veränderungen haben Stärke und Arbeitsfähigkeit der Rasse nachgelassen und es entwickelten sich eine Fülle von gesundheitlichen Problemen.

Aus der Sicht von Tiermedizinern geht es um mehr als nur ein ästhetisches Problem. Viele Schäferhunde sind heute schon als Welpen mit den ersten Anzeichen von Leiden geschlagen, die auf ein marodes Knochengerüst hinweisen. Im Endstadium dieser schmerzhaften Erkrankung reibt ein verschlissener Oberschenkelkopf in der Hüftpfanne. Die Nerven der Knochenhaut sind gereizt. Manche Hunde hoppeln nur noch – Fachleute bezeichnen dieses Symptom als „bunny-hopping“ – oder stellen das Gehen völlig ein. Selbst relativ junge und ansonsten völlig gesunde Tiere müssen mitunter eingeschläfert werden.

Späte 50er Jahre, Thüringen: Der gerade Rücken des Hundes ist deutlich zu sehen.

Anders sah es in Ostdeutschland aus. Hier wurde eine leichte Variante der Deutschen Schäferhunde gezüchtet. Bis heute gilt diese Variante als Leistungszucht, denn der Fokus lag auf der Leistungsfähigkeit des Tieres.

RASSEDEFINITION OSTDEUTSCHER SCHÄFERHUND (DDR-LINIE)

Definition: „Der Ostdeutsche Schäferhund, bzw. DDR-Schäferhund geht auf Vorfahren zurück, die im Zeitraum 1961 bis 1989 in der ehemaligen DDR geboren wurden und im Zuchtbuch der SZG (Spezialzuchtgemeinschaft) eingetragen sind.“

Die Selektion und die Zuchtprinzipien des DDR-Zuchtverbandes SZG waren besonders streng. So wurden vererbte Mängel bei Zuchtrüden wie Hündinnen detailliert erfasst und Erbdefekte wie ED/HD und konnten bis zu 92%  zurückgedrängt werden. Dabei wurden sehr viele Hunde aus der Zucht genommen – nur mit wirklich gesunden und leistungsfähigen Hunden durfte gezüchtet werden. Im Gegensatz dazu hatte in Westdeutschland zeitgleich fast jeder dritte Hund mit ED/HD zu kämpfen. HD/ED-noch-zugelassen ist bis heute in der FCI-Zucht noch erlaubt. In der DDR bedeutete dieselbe Diagnose für jeden Hund den sofortigen Zuchtausschluss. Die strengen DDR-Kriterien von damals werden noch heute von vielen ostdeutschen Züchtern, welche die alten DDR- Blutlinien bewahren übernommen, sodass die Tiere nach wie vor sehr robust und gesund sind. So streng wie damals in der DDR wird allerdings heute nicht mehr selektiert.

EXTERIEUR UND WESEN DES OSTDEUTSCHEN SCHÄFERHUNDES

Äußerlich zeigt sich der ostdeutsche Schäferhund neben schwarz und schwarz-braun auch eine grau bis dunkelgraue Färbung (DDR-dunkelgrau). Auch bei den Sporthunden, wo ostdeutsche Hunde zur Verbesserung des Gebäudes (HD/ED, gerader Rücken) eingekreuzt wurden, sieht man diese Färbung öfter. Starke Knochen, kräftige Läufe und markante, große Köpfe mit leicht kürzerer Nase sind ebenfalls typische Merkmale des Ostdeutschen Schäferhundes.

ALTE ARBEITSLINIE VERSUS MODERNE SPORTHUNDEZUCHT

Vom Wesen her gilt der Ostdeutsche Schäferhund als eigenwilliger als der westdeutsche Schlag. Ungeachtet dessen ist er ein sehr guter Arbeitshund. Dabei zeigt er sich um einen Grad gelassener oder nervenstärker als die höher im Trieb stehenden Sporthunde. Diese hochreaktiven, modernen Schutz- und Sporthunde haben eine sehr niedrige Reizschwelle bei hochgezüchtetem Beutertrieb. Sie reagieren auf schnelle Bewegungen und beißen demzufolge auch gerne einmal zu, und sie sind zum Teil auch sehr schwer zu führen, um die Schattenseiten der heutigen Sporthundezucht anzusprechen. Eine einseitige Leistungszucht fordert eben seinen Preis!
Der Ostdeutsche Schäferhund ist von dieser Einseitigkeit noch verschont geblieben. Sein Leistungsniveau ist auf einem historischen Stand stehengeblieben. Demzufolge ist er nicht ganz so leistungsstark und wendig wie die später für den Schutzdienst und Sport noch stärker hochgezüchteten Schäferhunde. Andererseits wiederum erhalten sich beim Ostdeutschen Schäferhund  durch seine Gelassenheit und Wesensstärke die besseren Begleithundeigenschaften. Die DDR-Linie oder ostdeutsche Arbeitslinie wird im mitteltriebigen Bereich verortet im Gegensatz zur hochtriebigen Leistungslinie des Deutschen Schäferhundes. Wesensmäßig ist der Ostdeutsche Schäferhund klar im Kopf und in Balance.

Somit ist der DDR-Schäferhund der beste Allrounder. Durch seine Arbeitsbereitschaft kann er im Rettungs- und Polizeidienst weiter ausgebildet werden. Bekanntlich zeichnen sich die Ostdeutsche Schäferhunde durch einen natürlichen Schutzinstinkt aus. Seine Nervenstärke und Ruhe machen den Ostdeutsche Schäferhund auf der anderen Seite zu einem guten Familienhund. DDR-Schäferhunde sind nicht andauerd nervös wie viele Sporthunde und auch nicht so fordernd, und sie sind immer noch wesentlich gesünder!

ZUCHTKRITERIEN DER ZUCHTSTÄTTE VOM KRONBERG

Gerader Rücken – unsere Zuchthündin Fenja

Wir züchten 100% reine Ostdeutsche Schäferhunde. An erste Stelle steht bei uns die Gesundheit. Neben HD/ED a-normal (bzw. HD/ED a-fast-normal) müssen unsere Zuchthunde einen geraden Rücken aufweisen. Für eine Reiterin wie mich ist ein Fließheck, wie der Rassestandard der Hochzucht es vorsieht, unerträglich anzusehen. Auch soll der Sprunggelenkswinkel der Hinterhand flacher sein. Da es nicht mehr viele 100% DDR gezogene Schäferhunde gibt, achten wir auch genau darauf, dass die Verpaarungen nicht zuviel Inzucht aufweisen.

An zweiter Stelle kommt das Wesen. Wir bevorzugen wesenstarke, nicht-aggressive Schäferhunde, die sozial verträglich sind.

An dritter Stelle stehen Führigkeit und Schönheit. Die Hunde sollen einen will to please mitbringen, gerne arbeiten und dabei nicht schwer zu führen sein. Natürlich ist die Schönheit der Hunde auch ein Thema. Der Ostdeutsche Schaferhundtyp mit markantem Kopf und kurzem Fang, einem geradem Rücken und grauer Färbung entspricht unserer Vorstellung von Schönheit beim Schäferhund dabei am meisten.

 

Der Deutsche Schäferhund ist leider insgesamt in Verruf geraten durch seine Anfälligkeit für Krankheiten und sein aggressives Sozialverhalten. Mit unserer Entscheidung für den Ostdeutschen Schäferhund und der Unterstützung jener verbliebenen Züchter, welche diese alten DDR-Blutlinen in der Schäferhundzucht bewahren, wollen wir einen kleinen Beitrag zur Korrektur leisten. Denn wie so oft sind wir Menschen an dieser Entwicklung die eigentlich Schuldigen.

 

      • FACHLITERATUR

Werner Dalm – Ex-Hauptzuchtwarts der DDR  – informiert über einzelne Hunde sowie über die DDR-Zucht an sich:

Werner Dalm: Die Zucht des Deutschen Schäferhundes in der ehemaligen DDR  (erhältlich und bestellbar über den SV-Shop)

Werner Dalm: Die DDR-Sieger aus züchterischer Sicht.

HD/ED Information über den Forschungsstand